Kommentar zur Diskussion um Kultureinrichtungen in Lichtenstein

von Stadtrat Mathias Ellwart

Wenn ich in den letzten Wochen die Zeitungen und öffentlichen Foren im Internet studierte, konnte ich mir des Öfteren ein Kopfschütteln nicht unterdrücken.

Da beklagten so einige das Fehlen innig geliebter Kultureinrichtungen. Man sehnt sich zurück in den Unionhof, rauschenden Kulturabende und leckeres Feuerfleisch inklusive, vermisst das gemütliche Kino, um immer die aktuellsten Filme sehen zu können und natürlich fehlt auch das Freibad, dass unsere Jugendlichen auch im Sommer wissen, was sie mit ihrer Freizeit anfangen können.

Und auch ich denke gern zurück, an die schöne Zeit in meiner Kindheit und Jugend. Doch als Stadtverordneter hat man Realist zu sein und so denke ich weiter und frage mich, warum es diese Kultureinrichtungen nicht mehr gibt?

Als direkter Nachbar des Unis merkte ich schon Ende der 90er, dass immer weniger Veranstaltungen im Haus angeboten wurden und alsbald war die Disko eher ein Alternativschuppen (Independent-Night), als ein Kulturhaus für die breite Masse. Der Pennefasching verabschiedete sich, da man sich mit Herrn Friedl nicht mehr einig wurde, in Richtung „Lamm“ und auch andere Veranstaltungen, wie Jugendweihe und Konzertabende fanden nicht mehr im Uni statt. Der Laden schloss letztendlich, weil keiner mehr hin ging – vor allem keine Lichtensteiner!

Ähnlich war nach meinen Erinnerungen der Fall im Kino: Schon die letzten Jahre vor der Schließung betrieb Familie Leistner die Einrichtung nur noch stark defizitär, lohnen tat sich das nach Aussage von Herrn Leistner wirklich nur bei den Blockbustern. Ich selbst habe noch immer Freikarten übrig, mehrmals wollte ich die einlösen – aber als wir zweimal in Folge die einzigen Besucher des Abends waren, hatte ich sogar Verständnis, dass die Vorstellungen auf Bitte des Betreibers ausfielen. Die Sache ist klar, in Zeiten von Home-Entertainment-Systemen und Onlinevideotheken machen Kinos nur noch über den Lebensmittelverkauf und damit über die Masse Umsatz – das kleine Kino musste geschlossen werden, weil vor allem die Lichtensteiner – ähnlich wie beim Uni – nicht mehr hingegangen sind!

Und das Freibad? Ich hatte jeden Sommer eine Dauerkarte, eine schöne Zeit! Doch die Sanierungs- und Modernisierungskosten von weit über 1 Millionen Euro, die schiere Größe der Anlage und die Konkurrenz im Umkreis besiegelten das Schicksal . Schade ist das auf jeden Fall, aber als Stadt unserer Größe muss man sich fragen, was man sich realistisch leisten kann und will. Und da haben wir uns schon ein Hallenbad als Lehrschwimmbecken. In unserem Umkreis gibt es derzeit 5 Freibäder, die man von Lichtenstein mit dem Fahrrad (also auch jugendgerecht) innerhalb von 40 Minuten erreichen kann. Prüfen sie es nach! Gersdorf, Mülsen, Stausee Oberwald, Oberlungwitz und Glauchau. Ein sechstes Bad wäre toll, aber eben nicht sinnvoll!

In Zeiten des Bevölkerungsrückgangs sprechen wir von einer schrumpfenden Stadt (103 EW/Jahr) und damit liegen wir im Trend Sachsens, für eine Stadt unserer Größe. Das heißt, es wird sich auch in den kommenden Jahren daran nichts bahnbrechend ändern. In solch einer Situation helfen keine Traumschlösser, sondern bedarf es weitsichtiger und vernunftorientierter Entscheidungen. Ich denke, wir müssen als Bürger uns zukunftsorientiert damit auseinander setzen und das bedeutet leider nicht ein „Mehr“ sonder ein Eingrenzen von Kultureinrichtungen auf ein sinnvolles und strukturorientiertes Maß. Wir müssen zuerst schauen, was vorhanden und erhaltenswert ist. Dafür braucht es dringend einen fairen Dialog! Denn es gibt sehr viele funktionierende Strukturen, um die uns unsere Nachbarn beneiden und die darum auch von Auswärtigen rege genutzt werden. Ich denke an 4 Turnhallen mit 6 Feldern, Fussball- und Beachvolleyballplätze, Musikverein, Museen, Bowling, Tennis, vielfältigste Vereine, Kirchen, Gemeinden, Jugendclub usw.

Die Frage, die wir uns meiner Meinung nach realistisch stellen müssen, ist: Wieviel können wir auf Dauer und in Qualität vorhalten, wo können wir von Nachbarn profitieren und auf was werden wir ganz verzichten müssen. Und dazu braucht es neben einem Konzept auch viel Realismus und ganz wenig Populismus. Am Konzept müssen wir unbedingt hart arbeiten und es schnellstmöglich praxistauglich machen, da gib es sicherlich noch Bedarf. Ein Mehr an Miteinander und weniger populäre, aber unsinnige Meinungsmache kann ich nur erhoffen.

Leider ist es vor Wahlen scheinbar einfacher, die Verwaltung und einzelne Räte schlecht zu machen, als eine vernunftbetonte, objektive Linie zu vertreten. Anders kann ich mir den Vorstoß der SPD nicht erklären, die dem Bürgermeister die Darstellung der Sicht der Verwaltung im eigenen Mitteilungsorgan verbieten will, aber ansonsten freie Meinungsäußerung fordert. Das hat irgendwie schizophrene Züge, passt aber derzeit zum Gesamtbild so mancher lauthalser Meinungsmacher. Wie gut, dass sich seit geraumer Zeit Frau Pasler von der Freien Presse dankend dieser Menschen annimmt. Aber eine Debatte zur Objektivität von Journalisten werde ich an dieser Stelle nicht beginnen. Der Bürger wird auch hier erkennen, was sachlich und realistisch und was fremdgesteuert und Schlagzeilen haschend ist.

In diesem Sinne hoffe ich auf faire und dem Wohle Lichtensteins dienende Diskussionen,

ihr Mathias Ellwart.